Tag 25: Osijek – Ilok (70 km)

Guten Abend, das letzte mal aus Kroatien!

Gestern hatte es noch um 21 Uhr 30 über 34 Grad Celsius vor dem Hotel. Heute morgen hat das Hotel dafür gesorgt, dass das Paket mit meinen Austauschsachen wieder nach Deutschland versendet wird – danke, sehr freundlich. Heute wusste ich, das wird vielleicht der heißeste Tag, eventuell eine lange Strecke und keine Hotels beziehungsweise größere Ortschaften „hinten raus“. Es wird die Hölle werden, denke ich mir. Ich will so gar nicht aus meinem klimatisierten Zimmer. Der Austritt aus dem Hotel war so, wie wenn du im August in Hurghada aus dem Flieger steigst. Es gibt ab Osijek eine längere Strecke und eine kürzere. Ich nehme die kürzere. Wasserstellen finde ich hier ja keine mehr. Aber an Kirchen oder Friedhöfen gibt es oft noch einen Wasserhahn (Grabpflege). Ich verausgabe mich eigentlich schon morgens, da muss ich die Kilometer machen. Leider gibt es auch heute wieder keine Radwege. Die sind in Kroatien mangelware. Meist gehe ich auf Landstraßen. Und dort auf der linken Seite, so sehe ich, wenn ich ausweichen muss und so hat man es ja auch gelernt. Da kannst du so sonst drauf warten, bis dich jemand aus den Socken holt. Gefährlich wird es, wenn gleichzeitig zwei Brummis kommen, von vorne und hinten. Das ist aber selten, doch es nervt eben. Ständig nach links aufs Bankett ausweichen. Ja, ich wiederhole mich vielleicht ab und zu, aber diese Dinge erlebe ich vielleicht am Intensivsten oder berühren mich am Meisten: Tonnenweise bester Kirschen, Mirabellen, Zwetschgen, Maulbeeren… verkommen auf den Bäumen oder verfaulen auf dem Boden. So viel kann ich gar nicht essen. Und dann die verlassenen, alten, heruntergekommenen Dorfer. Den Höhepunkt erlebe ich in Vukovar: Viele Gebäude sind dort mit Einschüssen zu sehen. Alles wurde so belassen, manchmal vielleicht noch die Löcher verputzt. Das gleiche auch an vielen Privathäusern. Warum denn Vukovar, frage ich mich: Beim Durchlaufen sehe ich dort viele Ministerien – vielleicht war das damals der Grund. Ein Wahrzeichen / Mahnmal ist der zerschossene Wasserturm am Ausgang von Vukovar. Hier geht es wieder auf die Landstraße von einem kleinen Ort zum anderen. DSC_0507Natürlich sind hier keine Unterkünfte, wie gedacht. So kämpfe ich mich eben durch bis Ilok. Überall Weinanbaugebiete, Maisfelder, soweit das Auge reicht. Und eben wieder die Einsamkeit in den Dörfern, nur in den Großstädten wird Geld investiert, da gibt es zum Teil richtige Prachtbauten.

Bahnhof Vukovar
Bahnhof Vukovar
Fast schon wieder schön
Fast schon wieder schön
Wasserturm in Vukovar
Wasserturm in Vukovar

Leo, meine Große, schreibt mir: „Schubi damm damm“ (Tag 19) Das Lied ist von Howard Carpendale: „Du fängst den Wind niemals ein“. Nur zur Info! Ilok, das ist der östlichste Teil von Kroatien an der Grenze zu Serbien. Hier laufe ich zum besten Hotel am Platz. Hotel Dunav Ilok. Das gönne ich mir heute und bin stolz auf mich, dass ich es ziemlich gut überstanden habe. Unterwegs habe ich noch ein Radler überholt, der war ganz schön dehydriert. Ich ja auch fast, habe mir aber keine Blöße gezeigt und bin gerannt, als wenn es nichts wäre. Gott sei Dank hat er mich dann bald wieder überholt und zu seiner Frau aufgeschlossen. Lange hätte ich das nicht mehr durchgehalten. Im Hotel habe ich die Beiden wieder getroffen. Die radeln auch ans Schwarze Meer. Im Hotel bin ich sofort mitsamt den Klamotten unter die kalte Dusche gestanden. Und zum Glück: Die Hölle war es heute nicht!

Tourdaten: 70 Km in 10h, Aufstieg und Abstieg 175m, 5.428 Kcal Gesamt: 1.574 Km in 217h, 05min, Aufstieg 4.317m, Abstieg 4.549m, 125.729 Kcal

Jogi, mein Freund und Laufkumpel: Dankschee für den Tag 25! Ich glaub, ich geh jetzt rein, die nebeln hier draußen ein Mückenmittel über die Anlage.

Gruß Martin